Birdwatching
Gedicht von Fritz Föttinger
Frißt Teebeutel Earl Grey Pfefferminzbonbons Orangenmarmelade
Schreit Am 20. September 1998 von 5 Uhr 30 bis zum Sonnenaufgang ga gaa gaai gaaiii ga gaa gaai gaaiii
Steht sicher auf einem Bein
Verhindert durch rosa Schwimmhäute und leicht nach unten gebogene Zehennägel den Absturz vom Fensterblech
Vermeidet mit einem Augenlid den Anblick eines Menschen im Pyjama
Hebt ab im Meerwind
Fliegt unbeschreiblich
Fritz Föttinger
Hier nun die Parodie von Heinrich Vogel:
Ein rätselhaftes Geschöpf
Am Zwanzigsten Neunten, so gegen halb Sechs, da glaubt' ich, ich höre Gespenster. Ich stieg aus dem Bett und begab mich zwecks Birdwatching ans Schlafzimmerfenster.
Da stand auf dem Sims, und auf einem Bein, ein gefiedertes Lebewesen, fraß Bonbons, würgte Teebeutel in sich hinein, schrie "ga gaa gaai gaaiii" im Morgenschein, mit Grausen dacht ich: was mag das sein? Ich muß mal bei Brehm nachlesen!
Ich kann es nicht sagen, wie schaurig es schrie, so schreit kein Geschöpf, das ich kenne. Es war doch kein Frosch, und doch quakte das Vieh und gackerte wie eine Henne.
Gegen sieben Uhr - es war Sonnenaufgang - hört' es auf mit dem Fressen und Schreien, sah mich scheu nur mit halbem Auge an, hob ab wie ein Airbus, und flatterte dann mit den Flügeln - ja mit allen zweien!
Der Meerwind trieb es hinauf und hinab, wie es flog, das ist nicht zu beschreiben. Nach Worten rang ich, ich mühte mich ab - ich konnt's nicht, drum ließ ich es bleiben.
Meine Nachtruh' war hin, und ich fluchte leis, wie bekloppt stand ich da im Pyjama. Daß man nicht mehr über Vögel weiß, das ist wahrhaftig ein Drama.
© Heiner Vogel
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